Sonntag, 25. Oktober 2009

Der Anfang ist gemacht! 25.10.2009

Nun sitze ich hier in Ampuriabrava/Spanien auf meiner TurTur und habe mich entschlossen alle Freunde und Interessierte durch einen Blog über meine Reise zu informieren.
Der Entschluß zu einem großen Törn ist bereits vor fast einem Jahr gefallen.
An einem kalten, dunklen Herbsttag saß ich in Norderstedt auf meinem Sofa und haderte mit Gott und der Welt, die Ostsee-Segelsaison war kalt und stürmisch zu Ende gegangen und der Winter stand noch bevor.
Genervt von meiner eigenen Unzufriedenheit traf ich die Entscheidung etwas zu ändern, aus meinem goldenen Käfig auszubrechen.
Es ist schon absurd, ich hatte einen Job, der mir mit wenig Aufwand einen fast schon luxuriösen Lebenswandel ermöglichte, ich wohnte in einem großen Haus mit Garten, hatte ein tolles Auto der Oberklasse und ein, wenn auch kleines, ziemlich heißes Segelboot. Ich konnte mir die reichliche Freizeit frei einteilen und war (fast)keinem Rechenschaft schuldig. Klingt toll oder?
Und doch war ich unzufrieden, fühlte mich in goldene Ketten der Gewohnheit gelegt und immer wieder tauchte die gleiche Frage auf: Wofür das ganze?
Lange war quasi eine Option auf die Zukunft die Antwort auf dieses "Wofür".
Irgendwann kommt das großes Glück und ich bereite bis dahin die Basis.
Leider ging mir der Glaube ans große Glück dann irgendwann verloren.
Wenn schon die eigene Unzufriedenheit als Anlaß zur Unzufriedenheit reicht, ist es an der Zeit etwas zu ändern!
Nur was und wie?
Warum nicht das tun was ich wirklich möchte?
Genau an diesem Punkt durchfuhr mich ein großer Schreck, ich war kurz davor meine Träume zu verlieren.
Sofa, PC, TV, Job und Wochenendsegelei können doch nicht das Leben sein!
Was sind denn meine Wünsche?
Ich war tatsächlich soweit, dass mir die Antwort nicht leicht fiel, und musste schon ein bisserl in die hinteren Regale meines Hirns greifen um sie zu finden.
Seitdem ich die Bücher von Erdmann, Montessier, Haussner und den anderen Recken der Blauwassersegelei lese, verspüre ich den Wunsch nach einem Leben auf und mit dem Boot. Vielleicht ist es auch die Sehnsucht nach einem einfachen Leben ohne Verpflichtungen. Auf dem Wasser gibt es nur eine Verpflichtung und das ist das Boot. Wind und Wetter sagen einem deutlich was in jedem Moment zu tun ist und dies ist i.d.R. auch nicht aufschiebbar. Sind die Arbeiten mit Segeln und Boot erledigt, gibt es nichts weiter zu tun, ich kann lesen, träumen, fischen oder einfach nur faulenzen - und das alles ohne schlechtes Gewissen.
So ist dann die Entscheidung gefallen noch 2009 zu einem großen Törn aufzubrechen.
Zunächst stellte sich die Frage nach dem richtigen Boot. Meine TurTur ist zwar hochseetauglich und auch entsprechend ausgerüstet aber eben doch sehr klein und recht unkomfortabel.
Der Bleistift wurde gespitzt und scharf kalkuliert, wenn ich die TurTur zu einem halbwegs vernünftigen Preis verkauft bekäme und ein wenig Unterstützung aus der Familie einberechne sollte es mit Hilfe meiner Bank möglich sein ein größeres Boot für zwei bis drei Jahre zu finanzieren.
Schnell war auch ein entsprechendes Boot gefunden, die Gioia, ein Traum aus Aluminium und Holz, in Bestzustand und hervorragend ausgerüstet - segelklar auf Fehmarn zu übernehmen.
Doch leider wirkte sich die Bankenkrise auch auf meine Pläne aus.
Verkauften sich in den Vorjahren Boote wie die Turtur noch wie warme Semmeln, fand sich in zehn Monaten kein Interessent der bereit war einen fairen Preis zu zahlen.
Und auch meine Hausbank, die Hamburger Sparkasse, die mich noch 2006 mit Kreditangeboten überhäufte und von einer hervorragenden Risikoeinstufung faselte war nicht mehr so kooperationsbereit wie erwartet - klar, wer Lehmanbrothers an seine Kunden verkauft, der sollte Sicherheit ganz groß schreiben...
Aber mein Entschluß war gefallen.
Dann eben auf der TurTur.
Die Renovierung und der Auszug aus dem Haus in Norderstedt waren in vollem Gange und das geschäftliche mit meinem Kompagnon Malte besprochen.
Wie bereits 1999 angekündigt, ist es nun an der Zeit für mein Sabbatjahr.
Dank Malte und unseres Mitarbeiters Hardy bin ich guter Hoffnung, dass meine Abwesenheit sich nicht allzu negativ auf den Geschäftsverlauf auswirken wird.
Zum ersten August schaffte ich dann den Absprung, übergab die Firma an Malte und das Haus den neuen Mietern und zog mit (drastisch reduziertem) Sack und Pack auf die TurTur.
Noch hoffte ich einen Käufer zu finden und gab die Hoffnung nicht auf, segelte kreuz und quer über die westliche Ostsee und genoß die Freiheit im Ostseesommer.
Die Wochen vergingen ohne einen Käufer zu finden und es wurde langsam Zeit für eine Alternative.
Sechs Monate am tropschen Strand? Sicher nett aber nicht wirklich das was ich wollte.
Hand gegen Koje auf fremden Schiffen unter womöglich schrägen Skippern? Auch nicht das gelbe vom Ei.
Also die TurTur! In den acht Wochen an Bord hatte ich nichts wirklich vermißt, habe mich wohl gefühlt. Um aber wochenlang nonstop auf See zu sein, auch harte Stürme zu überstehen fehlen ihr eben doch einige Meter Länge.
Also musste ein Ziel her, das in überschaubaren Etappen zu erreichen ist, auch im Winter angenehme Bedingungen bietet und vor allem interessantes Segeln ermöglicht.
Die kanarischen Inseln!
Die Anreise komplett auf eigenem Kiel schien mir jahreszeitbedingt zu riskant und anstrengend, so wählte ich die Abkürzung über die Autobahn in die Gegend von Barcelona um von dort über die Balearen, Gibraltar und vielleicht Madeira zu den Kanaren zu gelangen.
Und jetzt sitze ich hier in Ampuriabrava, TurTur und Skipper sind bereit und morgen gehts los nach Menorca.
Bevor es losgeht, noch einige Worte zu meinem Starthafen.
Ampuriabrava ist eine Retortenstadt, entstanden Anfang der 60er Jahre, durchzogen von Kanälen deren Ufer mit Ferienhäusern und Villen gesäumt sind.
Mit 5 bis 6.000 Liegeplätzen gilt Ampuriabrava als größte Marina Europas, statistisch gesehen ergibt das pro Einwohner (Säuglinge und Greise eingerechnet) ein Boot, zumindest in der Saison wächst die Einwohnerzahl aber auf etwa 80.000.
Geht man durch den Ort, bekommt man den Eindruck, dass jeder der festen Einwohner ein Maklerbüro betreibt. Wer kauft hier bloß all die Häuser?
Klar, ein Ferienhaus mit Garten und dem Liegeplatz für die Yacht direkt am Grundstück ist toll, aber so ein Zweitwohnsitz soll doch auch von Land aus ein wenig Ambiente bieten (vor allem wenn die Hütte schnell mal 800.000 kosten soll).
Und landseitiges Ambiente konnte ich hier nicht wirklich finden, alles versprüht einen argen Touricharme, sei es die Colonia-Bar (aber wirklich gutes Essen für kleines Geld - heute:Spagetti mit Gambas, Hirschbraten mit Rotkohl und Knödel, Mousse au chocolat mit Sahne, dazu ein Glas Wein für 10,90) oder auch die rheinischen Rentnerscharen. Zumindest für mich nicht wirklich eine Alternative.
Zur Startpunkt meiner Reise war es aber eine gute Wahl, diverse Yachtausrüster, deutscher Computershop und recht günstige Liegeplätze. Eine woche habe ich mich hier wohl gefühlt, jetzt ist es aber Zeit weiter zu kommen.
Die Wind- und Wetterprognosen sind recht ordentlich, Sonnenschein und nördliche Winde 2-4 Bft. - prima für den Anfang.
Der heutige Probeschlag lief prima, die to-do-liste ist nicht länger geworden.
Es geht also los!

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